Experiment 1 Jahr Vegan

Seit Oktober 2019 mache ich ein Veganes Jahr

Du hast hier die Möglichkeit Dir die Hintergründe, Fragen und Anworten als Video anzusehen oder darunter zu lesen.

Aufgrund einer Coronainfektion und damit unbrauchbaren Blutwerten, verlängert es sich bis Januar 2021.

Ist, wer sich vegan ernährt, gesünder?

Das ist wohl die Frage der Fragen. Die Antwort ist leider langweilig, denn: das kann man pauschal nicht sagen. Bei einer veganen Ernährung muss man erstmal seine kritischen Nährstoffe abdecken. Und dann muss man schauen, welche Nahrungsmittel man durch welche veganen Alternativen ersetzt. Wenn ich den ganzen Tag nur Pommes mit Ketchup esse und davor lieber mageres Hühnchen mit Gemüse gegessen habe, dann wird es wahrscheinlich ungesünder. Generell isst man heutzutage einfach viel zu viele Fertigprodukte und viel Fleisch. Wenn man dann in die vegane Ernährung wechselt und den Konsum von Obst und Gemüse, Nüssen und Hülsenfrüchte hoch schraubt, dann wird es wahrscheinlich schon gesünder. Aber einfach nur alles Tierische wegzulassen, ist nicht die Lösung.

Vegan ernähren – was muss man vorher wissen?

Wenn man sich wirklich längerfristig vegan ernähren will, dann kommt man nicht drum herum, sich damit zu beschäftigen, welche Nährstoffe kritisch sind, welche Mängel auftreten können, welche Blutwerte man checken lassen sollte. Und auch mit der Ernährung generell muss man sich beschäftigen. Kalorien, Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß. Das ist einfach essentiell, da kommt man nicht drumherum.

Wenn man Lust darauf hat, vegan einfach mal auszuprobieren, dann würde ich raten, erstmal alltägliche Lebensmittel zu ersetzen. Da kann man zum Beispiel bei der Milch anfangen: einfach die Kuhmilch durch eine pflanzliche austauschen. Oder einen Tag in der Woche vegan kochen, oder vielleicht erstmal vegetarisch. Das Ganze also step by step und nicht alles auf einmal. Am besten mal Gedanken machen, was esse ich im Alltag viel und welche Alternativen gibt es dazu. So kommt man da langsam schön rein.

Welche Blutwerte sind bei veganer Ernährung wichtig?

Es schadet nicht, seine Blutwerte mal messen zu lassen, ganz egal, wie man sich ernährt. Wenn man eine Ernährungsumstellung wie vegan plant, sollte man davor schon seine Blutwerte messen, um für spätere Messungen einen Vergleichswert zu haben. Man will ja sehen, was sich verändert und ob ein Mangel vielleicht davor schon da war. Das gleiche gilt für Supplements (Nahrungsergänzungsmittel). Für Veganer sind vor allem der Spiegel von Vitamin B12 bzw. die aktive Form davon, das Holotranscobalamin, Ferritin (Eisen), Vitamin D, Blutfette wie Cholesterin (mit Anteilen HDL=gut und LDL=schlecht) und Triglyceride oder auch die Schilddrüsenhormone interessante Werte.

Braucht man bei veganer Ernährung Supplements, zum Beispiel Vitamin B12?

Zu Supplements allgemein muss man sagen: Es sind NahrungsERGÄNZUNGSsmittel. Und man sollte jetzt nicht einfach welche nehmen, nur weil man es irgendwo in der Werbung gesehen hat und denkt, dass könnte gut sein. Denn Supplements können auch schaden, wenn der Körper einen Mangel an bestimmten anderen Stoffen hat, von denen man oft gar nichts weiß oder man sie überdosiert. Calcium, welches oft einfach so für „gesunde Knochen“ genommen wird, ist zum Beispiel schädlich für die Gefäße bei einem Vitamin-K-Mangel. Deshalb würde ich Supplements nur empfehlen, wenn man sich davor kritisch informiert hat und betreffende Werte beim Arzt messen lässt. Die Tests kosten zwar etwas, aber sind oft trotzdem günstiger als eine jahrelange falsche Supplementation.

Vitamin B12 muss man als Veganer aber als Supplement einnehmen, dies gibt es z.B. auch als Tropfen falls man keine Tabletten mag. Die anderen Vitamine kann man eigentlich über die pflanzliche Ernährung aufnehmen. Vitamin D ist natürlich auch abhängig von der Jahreszeit und wo man sich gerade aufhält aber trotzdem gilt, einfach mal den Wert messen lassen, bevor man supplementiert, dann seid ihr auf der sicheren Seite!

Über die anderen kritischen Nährstoffe wie Vitamine, Spurenelemente, Mineralien oder Proteine sollte man sich informieren. Neben Vitamin B12 ist zum Beispiel Eisen, Calcium, Jod, Selen, Zink wichtig. Dazu kann ich z.B. das Buch von Niko Rittenau „Vegan-Klischee ade!“ empfehlen. Es hat einen wissenschaftlichen Ansatz und man lernt hier auch viel über eine alltägliche Ernährung, da die Nährstoffe dort genauso aufgenommen werden müssen. Also auch für Nicht-Veganer geeignet. Ein allgemeines Buch über Ernährung bzw. eine Zusammenfassung über die aktuelle Studienlage im Ernährungsbereich bekommt ihr in „Der Ernährungskompass“ von Bas Kast. Es ist einfacher geschrieben und für den Einstieg zu empfehlen. Beide Bücher sind auch nicht wertend geschrieben, was es angenehm macht, sie zu lesen.

Leistungssport und vegan leben - worauf muss ich achten?

Also ich bin eher privater Sportler. Aber ein Freund von mir, Felix Maly, ist veganer Leistungssportler für die Deutsche Nationalmannschaft im Eisschnelllauf. Mit ihm habe ich darüber geredet und wir finden vor allem wichtig, dass man auf die Energiezufuhr achtet, also Kalorien aus Kohlenhydrate und Fette. Aber auch das Eiweiß muss passen. In der Normalbevölkerung empfiehlt man täglich ungefähr 1 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, im Sport geht man hoch auf 1,5 Gramm. Man muss also auch nicht ewig viel Eiweiß essen. Das Aminosäure-Profil von veganen oder pflanzlichen Eiweißquellen ist nicht dasselbe wie von tierischen. Um die Wertigkeit zu erhöhen, sollte man verschiedene pflanzliche Eiweißquellen kombinieren und über den Tag verteilt zu sich nehmen und dann passt das wieder. Man muss auch auf die Flüssigkeitszufuhr achten und genug Wasser trinken. Die kritischen Nährstoffe wie Vitamin B12 sollte man besser im Auge behalten. Man kann zum Beispiel Samen und Hülsenfrüchte einweichen um die Aufnahmefähigkeit für Eisen und Calcium zu verbessern.

Abnehmen durch Lowcarb-Diät am schnellsten?

Wenn man abnehmen will, dann muss man ein Kaloriendefizit erreichen. Entweder weniger Kalorien aufnehmen oder durch Sport mehr Kalorien verbrennen. Bei Lowcarb ist es dasselbe, sonst passiert wenig. Man muss aber dazu sagen, dass durch weniger Kohlenhydrataufnahme der körpereigene Kohlenhydratespeicher, das Glykogen, abgebaut wird. Dieser bindet Wasser und das geht nun mit aus dem Körper und man sieht in den ersten Tagen auf der Waage einen größeren Gewichtsverlust. Sobald ich aber dann wieder Kohlenhydrate esse, baut sich der Glykogenspeicher wieder auf und auch das Wasser kommt zurück in den Körper.

Letztendlich würde ich eine längerfristige Ernährungsumstellung einer kurzen Diät vorziehen, eine, die man durchhalten kann, dann droht auch kein JoJo-Effekt. Ich würde empfehlen, Nährstoffe auszutauschen. Also versuchen, sich gesünder zu ernähren und Lebensmittel mit geringerer Kaloriendichte – wie es in der pflanzlichen Ernährung der Fall ist – zu sich zu nehmen. Und ob man das ganze dann zum Beispiel Low- oder Highcarb macht ist dann eigentlich egal. Es geht ums Kaloriendefizit.

Nimmt man mit einer veganen Ernährung genug Eisen auf?

Als Veganer und auch Vegetarier gibt es zu beachten, dass das Eisen aus Fleisch und Fisch generell einfacher aufgenommen wird als aus Mich, Eiern oder Pflanzen. Es gibt aber einige Stoffe, die die Eisenaufnahme verbessern. Zum Beispiel Vitamin C, Beta-Carotine oder Fermentieren. Das heißt: Als Veganer sollte man eisenhaltige Lebensmittel wie dunkles Blattgemüse, Nüsse, Vollkorngetreide-Produkte oder auch Samen einfach immer mit Vitamin C zubereiten. Zum Beispiel mit einer Paprika, denn dann wird das Eisen besser aufgenommen.

 

Säuglinge, Schwangere oder Frauen in ihrer Periode haben zum Beispiel einen erhöhten Eisenbedarf. Aber das soll jetzt nicht heißen, dass man in diesem Fall ein Eisen-Supplement nehmen muss. Bevor man das tut, sollte man immer beim Arzt den Ferritin-Spiegel messen lassen. Denn der kann auch durch Medikamente oder Entzündungen verändert sein. Und wenn man jetzt ein Eisen-Supplement nimmt, dann akkumuliert sich das Eisen im Körper. Das heißt, es wird immer mehr und irgendwann wird es dann toxisch, also giftig für den Körper. Und der Körper hat nur über Blut die Möglichkeit, das Eisen wieder auszuscheiden – entweder blute ich also oder gehe zum Blutspenden.

Vegane Kinderernährung - Was sagst du dazu?

Das ist ein ganz schwieriges Thema. Denn mit einem Kind hat man nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für das Kind, da darf nichts schiefgehen. Ich persönlich glaube, dass man bei der veganen Ernährung aufpassen muss. Und wenn man sich nicht ausreichend informiert hat über kritische Nährstoffe, dann sollte man das auf gar keinen Fall machen. Also weder sich selbst, noch sein Kind vegan ernähren. Und selbst wenn man „Experte“ ist, sollte man für das Kind einen Ernährungsmediziner oder Ernährungsberater hinzuziehen und alles abklären. Denn wenn etwas schief geht, das Kind Schaden nimmt, kann man auch richterlich verklagt werden. Da will man nicht drin stecken.

Ist veganes Kochen nicht sehr aufwendig?

Nein. Es ist ehrlich gesagt genau so aufwendig wie normales Kochen. Irgendwann gewöhnt man sich daran. Man muss nur darauf achten, seine Ersatzprodukte zuhause zu haben, zum Beispiel Mandelmilch statt Kuhmilch oder Soja-Granulat statt Hackfleisch. Außerdem entdeckt man sehr viele neue Gerichte, die man davor vielleicht nie ausprobiert hätte. Und vielleicht war einem davor gar nicht bewusst, dass 75% der Ernährung sowieso vegan sein sollten, sofern man sich an die Ernährungsrichtlinien der DEG hält. Deshalb wäre es gar nicht so eine große Umstellung.

Kleidest du dich auch vegan?

Gute Frage. Da geht es auch darum, wie weit geht es persönlich mit vegan. Da gibt es ja unterschiedliche Stufen und Gründe, beispielsweise Gesundheit, Umwelt, Tierwohl… Ich persönlich sehe es eher als Prozess. Man fängt an einem Punkt an und kann den Rest erst verstehen, wenn man sich längerfristig damit beschäftigt. Alles auf einmal zu ändern ist einfach viel zu viel. Bei mir ist es jetzt so: ich ernähre mich vegan, habe aber trotzdem Klamotten, die nicht vegan sind und die ich auch weiterhin tragen werde. Aber wenn ich mir jetzt neue Klamotten kaufe, frage ich mich schon: Brauche ich das wirklich? Gibt es vielleicht eine nicht tierische Alternative? Wichtig ist, dass man sich dabei nicht verrückt macht, sondern sich wohl fühlt und es langsam angeht, um seinen eigenen Weg zu finden.

Fährst du auch vegan in Urlaub?

Finde ich bis jetzt nicht so leicht. Ich suche zwar gerade mit meiner Freundin nach einem veganen Hotel bzw. wo zumindest das Essen vegan ist, aber es ist oft nicht ersichtlich. Und wenn es das ist, sind diese meistens sehr teuer. Vegan ist ja mittlerweile auch ein Siegel um Dinge teuer verkaufen zu können. Ich spreche hier von unserer Gegend, also eher einem Kurzurlaub. Denn als wir 2019 auf Bali waren, gab es aber zum Beispiel viele Alternativen.

Ihr Wie funktioniert das mit Familie z.B. an Feiertagen?Titel

Es ist leichter wenn die Familie einen unterstützt bzw. kein Problem damit hat, wie es bei mir der Fall war. Die Lösung ist ein veganes Grundgericht und das kann dann eben durch Käse, Fleisch oder andere Zutaten, welche am Tisch stehen verfeinert werden. Oma und Opa fanden es anfangs nicht gut aber an Weihnachten habe ich mit meiner Freundin ein 3-Gänge-Menü für die Familie gekocht und seitdem ist es akzeptiert. Sie essen mittlerweile auch an einem Tag in der Woche vegan. Das einfachste ist also ein veganes Basisgericht zu haben und jeder gibt seine Zutaten dazu und oft war dieses Grundgericht auch schon vegan, ohne dass es einem bewusst war.

Vegan Essen gehen - hast du Tipps für die Region (Rosenheim)?

Das wird immer leichter. Inzwischen haben immer mehr Restaurants eine vegane Karte oder sind vollkommen vegan. Meine Uni bietet in ihrer Mensa auch gutes veganes Essen an. Hier in der Region kann ich Hans im Glück mit seinen veganen Burgern, den Katzentempel oder auch Tom & Mäx in Bad Aibling empfehlen. Die sind richtig gut. Und wenn man ein veganes Restaurant sucht, kann man die App HappyCow benutzen. Die zeigt einem vegane oder vegetarische Restaurants in der Nähe an.

Der Test: Ein Jahr vegan. Was versprichst du dir davon?

Mir geht es darum, dass man mal weg kommt von dem „religiösen“ oder „esoterischen“ veganen Ansatz und sieht, es gibt auch einen wissenschaftlichen Ansatz. Man kann vegan Muskeln aufbauen, wenn man alles richtig macht und auf sein Eiweiß achtet, man kann sich vegan auch gut fühlen und muss auch nicht immer der belehrende Veganer sein. Man lernt auch Neues über  die Zubereitung von Essen. Zum Beispiel, dass man Vitamin A mit Ölen aufnehmen muss, da es ein fettlösliches Vitamin ist. Also macht man einen Karottensalat am besten mit Öl an. Oder dass es einen Omega 3 zu 6 Index gibt und man ihn positiv mit Leinöl und negativ mit Sonnenblumenöl beeinflusst. Und es ist auch einfach ein schönes Gefühl, wenn man weiß, man tut etwas für die Umwelt, für die Tiere und auch für sich selbst. Man lernt also immer was dazu und es macht Spass etwas davon weiterzugeben und andere zu motivieren vielleicht auch mal über einen veganen Tag oder Ernährung allgemein nachzudenken.

Hast Du noch Fragen oder willst etwas ausführlicher wissen?

Dann schreib mir hier in die Kommentare!